Mit Energie ins Forschungsdatenmanagement einsteigen

Oldenburger Team entwickelt in EFZN-Projekt Online-Lernangebot speziell für Energieforscher:innen

 

Moderne Forschung sammelt, erzeugt und verarbeitet große Mengen an Daten – aus Messungen, Erhebungen, Simulationen und vielen weiteren, häufig digital gestützten Quellen. Diese Daten effektiv, nachhaltig und rechtssicher zu handhaben, kann für Wissenschaftler:innen eine große Herausforderung sein. Ein Team von der Universität Oldenburg hat deshalb einen Onlinekurs speziell für Energieforscher:innen entwickelt, der in die Welt des Forschungsdatenmanagements einführt und konkrete Hilfestellung für die eigene Projektplanung gibt.

Der frei verfügbare Onlinekurs mit dem Titel „Research Data Management in the Energy Sector“ erläutert zum Einstieg Nutzen und Vorteile des Forschungsdatenmanagement (FDM) und geht auch auf übergeordnete Konzepte wie die FAIR-Prinzipien der Datenhaltung (Findable, Accessible, Interoperable, Reusable) ein. Dann wird es ganz konkret: Die wesentlichen Inhalte eines Datenmanagementplans werden erklärt, wichtige Grundlagen zu Infrastruktur, Tools, rechtlichen Aspekten und Metadaten werden vertieft vorgestellt.

Interaktive Elemente und Videos erleichtern den Zugang zu den Inhalten. Durch Kurztests und Übungen in den einzelnen Lektionen können Forschende die bearbeiteten Themen weiter vertiefen oder direkt auf eigene Forschungsvorhaben beziehen. Der Kurs ist dabei bewusst modular gestaltet, sodass bei vorhandenem Vorwissen gezielt einzelne Kapitel angesteuert und so die eigenen Kenntnisse ergänzt werden können.

Fortbildung mit Fokus auf den Energiesektor

Entwickelt wurde das Lernangebot im Rahmen eines vom EFZN geförderten Projekts von einem gemeinsamen Team der Abteilung Digitalisierte Energiesysteme und des Centers für lebenslanges Lernen (C3L) an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Der Kurs adressiere viele disziplinspezifische Besonderheiten der Energieforschung, erläutert Stephan Ferenz, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Digitalisierte Energiesysteme am Department für Informatik: „Es gibt bereits viele allgemeine Lernangebote zum Forschungsdatenmanagement. Unser Ziel war es, einen auf die Bedürfnisse von Energieforschenden abgestimmten Kurs anzubieten.“

Dieser Energiefokus zieht sich durch das gesamte Lernangebot und macht es so für die angepeilte Forschungscommunity besonders attraktiv und nützlich: Da in der Energieforschung vielfach mit spezifischer Software und Simulationstools gearbeitet wird, nimmt etwa dieser Aspekt eine wichtige Rolle im Kurs ein – denn neben den durch eine Simulation entstandenen Daten muss auch die Software selbst als eigener Datentyp gehandhabt und archiviert werden. Auch die in Energieforschungsprojekten häufig verwendeten Geodaten werden verstärkt in den Blick genommen.

Die im Kurs vorgestellten FDM-Tools sind ebenso auf den Einsatz in der Energieforschung optimiert. „Gerade wenn es darum geht, die Metadaten zu den eigenen Forschungsdaten abzulegen“, erklärt Stephan Ferenz, „sind fachspezifische Lösungen besser, da die Daten so auch von Energieforschenden einfacher gefunden werden können. Immer da, wo es etwas Energiespezifisches gab, haben wir es im Kurs berücksichtigt.“

Annabelle Jandrich, die am C3L die Abteilung Bildungsmedien und Lerndesign leitet, hat die Umsetzung des Kurses zusammen mit zwei Kolleginnen von didaktischer und technischer Seite unterstützt. Für einen effektiven Onlinekurs, erläutert sie, komme es darauf an, die Ziele, die Inhalte und die Methoden möglichst aufeinander abzustimmen und durch einen sinnvollen Medienmix unterschiedliche Lerntypen anzusprechen: „Man spricht hier von Constructive Alignment. Um die Lernziele in diesem Kurs zu erreichen, haben wir Inhalte als Texte und Grafiken bereitgestellt, Video-Testimonials als Best-Practice-Beispiele produziert, unterschiedliche Quizze erstellt und zum Überprüfen des eigenen Lernstands einen interaktiven Lückentext entworfen. Der Zugang zum Kurs ist somit auf unterschiedlichen Wegen möglich.“

Forschungsdatenmanagement erleichtert die Forschungsarbeit

Energieforschungsprojekte sind häufig interdisziplinär aufgestellt, sodass gerade hier ein solides und durchdachtes Forschungsdatenmanagement notwendig ist. Auch der verstärkte Einsatz komplexer Simulationen und zunehmend auch von KI-Methoden in diesen Forschungsvorhaben stellt eine besondere Herausforderung dar.

Wird der Umgang mit diesen vielfältigen und großen Datenmengen im Vorfeld eines Projekts nicht geplant, führt dies häufig zu ernüchternden Erfahrungen im Laufe des Projekts, wie Stephan Ferenz aus eigener Erfahrung weiß: „Wir brauchen mehr Daten, wir nutzen mehr Daten – und je mehr Daten wir vorliegen haben, umso schmerzhafter wird es, wenn wir mit diesen Daten nicht gut umgehen. Gerade im Simulationsbereich mussten wir gelegentlich Dinge erneut entwickeln, die uns eigentlich schon aus früheren Vorhaben zur Verfügung stehen sollten, weil sie davor schlicht und ergreifend nicht gut abgelegt wurden.“

Dies sei nicht nur ein Problem für die spätere Nachnutzung von Daten und die damit verbundene Reproduzierbarkeit von Forschungsergebnissen. Auch für die Effizienz eines Teams in einem laufenden Forschungsvorhaben sei es von großem Vorteil, die Daten geordnet, gut dokumentiert und so für alle transparent und nachvollziehbar zu verwalten. Nicht zuletzt aufgrund dieses Effizienzfaktors ist das Thema Forschungsdatenmanagement inzwischen essentieller Bestandteil vieler Förderprogramme und muss bei der Antragsstellung berücksichtigt und eingeplant werden.

Ein lebendiges Lernangebot mit Zukunftsperspektive

Der Onlinekurs, so Stephan Ferenz, sei mit Blick auf all diese Anforderungen und Herausforderungen als niederschwelliger Weg gedacht, um Energieforscher:innen den Zugang zum Thema zu erleichtern. Das Team hat den Kurs bewusst als lebendiges Werk konzipiert – er soll an zukünftige Entwicklungen und Neuerungen angepasst und auch durch Feedback aus der Community weiter aus- und umgebaut werden.

Die Kursentwickler:innen können für diese Weiterentwicklung Ideen aus ihrer aktuellen Arbeit schöpfen und auf eine gute Vernetzung zurückgreifen: Das Team der Abteilung Digitalisierte Energiesysteme um Prof. Dr. Astrid Nieße ist stark im Konsortium NFDI4Energy vertreten und Astrid Nieße selbst ist Sprecherin des Konsortiums. NFDI4Energy ist Teil der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) und entwickelt in einem bundesweiten Team gemeinsame Standards und Infrastrukturen für das Forschungsdatenmanagement in der Energieforschung.

Zusammen mit den erfahrenen Didaktiker:innen des C3L wird das Projektteam auch Erkenntnisse aus dieser Arbeit in den Kurs einfließen lassen – immer mit dem Fokus auf praxisnahe Anwendbarkeit, erläutert Stephan Ferenz: „Unsere Hoffnung ist, dass der Kurs einen großen Mehrwert für die Forschenden hat und ihnen wichtige Grundlagen liefert, die sie gezielt im Arbeitsalltag einsetzen können.“ Annabelle Jandrich sieht dies ähnlich: „Ich wünsche mir natürlich, dass der Kurs die drei von uns adressierten Zielgruppen – Data Stewards, Studierende und Post-Docs – für das Thema sensibilisiert und damit in Zukunft weniger Daten verloren gehen und Daten besser genutzt werden können.“


Projektbeteiligte

Prof. Dr. Astrid Nieße ist seit 2020 Professorin für Digitalisierte Energiesysteme an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und Mitglied im Bereichsvorstand Energie des OFFIS - Institut für Informatik. Sie ist Sprecherin von NFDI4Energy und Sprecherin des Zukunftslabors Energie innerhalb des Zentrums für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN).

Prof. Dr. Heinke Röbken hat seit Februar 2011 die Professur für Bildungsmanagement an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg inne. Sie ist daneben Leitende Direktorin des Centers für lebenslanges Lernen (C3L) und verantwortet im Master of Business Administration Bildungsmanagement das Modul Forschungsmethoden.

Stephan Ferenz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Digitalisierte Energiesysteme an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. 2020-2023 war er verantwortlich für das Zukunftslabor Energie. Seit 2023 koordiniert Stephan Ferenz die Nationale Forschungsdateninfrastruktur für interdisziplinäre Energiesystemforschung (NFDI4Energy).

Annabelle Jandrich ist Mitarbeiterin im Center für lebenslanges Lernen (C3L) der Universität Oldenburg. Sie leitet seit 2019 im C3L die Abteilung Bildungsmedien und Lerndesign und ist verantwortlich für die Themenbereiche Didaktik, Support, Beratung und das Lernmanagementsystem.

Über die Förderung

Das Forschungsprojekt „Kompetenzen für Forschungsdatenmanagement für die niedersächsische Energieforschung vermitteln“ wurde über das Förderprogramm „Beschleunigung der Transformation des Energiesystems im Spannungsfeld von Energiekrise und Klimaschutz“ des Energie-Forschungszentrums Niedersachsen (EFZN) finanziert.

Das Förderprogramm hatte zum Ziel, disziplinübergreifende Fragen in drängenden Themenfeldern der niedersächsischen Energieforschung mit noch größerem Nachdruck voranzubringen, um so zur Beschleunigung der Energiewende beizutragen. Die Projekte des Programms wurden über einen Zeitraum von sechs Monaten, von Frühjahr bis Herbst 2023 gefördert.

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