16. Niedersächsische Energietage
Ergebnisdokumentation
Das Thema Wärme ist entscheidend für den Erfolg der Energiewende: Mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs in Deutschland wird derzeit noch durch den Wärmesektor verursacht – und nur ein kleiner Teil davon wird bisher aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt. Die Wärmewende ist also eine große Herausforderung, die einen beständigen Dialog zwischen allen beteiligten Fachdisziplinen und Stakeholdern erfordert.
Die 16. Niedersächsischen Energietage am 18. und 19. November 2024 boten eine zweitägige Plattform für genau diesen offenen, interdisziplinären Dialog - die wesentlichen Ergebnisse der Veranstaltung sind hier zusammengefasst.
📅 Save the date: Die 17. Niedersächsischen Energietage finden am 2. und 3. Dezember 2025 in Hannover statt.
Über die Veranstaltung
Am 18. und 19. November 2024 kamen mehr als 180 Wärme-Akteur:innen und Energie-Expert:innen aus Gesellschaft, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft im Alten Rathaus in Hannover zusammen, um zu diskutieren, sich zu vernetzen und gemeinsam Lösungsideen für die praktische Umsetzung der Wärmewende zu entwickeln.
Niedersachsens Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Christian Meyer, der in diesem Jahr Schirmherr der NET war, betonte im Nachgang die Bedeutung der Veranstaltung:
„Wir haben in Niedersachsen verstanden, dass wir die Wärmewende nur gestalten können, wenn wir informieren, aktiv kommunizieren und die wesentlichen Akteur:innen mit einbinden. Ich freue mich deshalb ganz besonders, dass auch die Energietage das Thema aufgegriffen haben. Das kommt zur richtigen Zeit – jetzt wo viele Kommunen mit der Wärmeplanung begonnen haben. Ich erhoffe mir von Veranstaltungen wie dieser, dass wir mit Information und Austausch herauskommen aus den emotionalen Debatten. Wir brauchen den sachlichen Dialog.“
In einem einleitenden Impulsvortrag gab Dr. Sibylle Braungardt, Gruppenleiterin im Bereich Energie & Klimaschutz am Öko-Institut, einen umfassenden Überblick zum Stand der Wärmewende und betonte dabei, wie wichtig es sei, den Transformationsprozess von Anfang bis Ende zu betrachten:
„Es ist aus meiner Sicht essentiell, von Anfang an zu berücksichtigen, wie die Wärmewende nicht nur technisch und planerisch funktionieren soll, sondern wie sie konkret – auch mit Blick auf die Kosten – praktisch umgesetzt werden kann. Ein Schwerpunkt sollte darauf liegen, die Förderung gezielt dort einzusetzen, wo sie am dringendsten benötigt wird, um eine gerechte und wirksame Umsetzung zu gewährleisten. Dies ist entscheidend, um die Wärmewende nachhaltig und sozial verträglich voranzutreiben.“
Im Rahmen einer anschließenden Blitzlichtrunde und einer Posterausstellung präsentierten Vertreter:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Kommunen unterschiedliche Best-Practice-Beispiele für die Etablierung einer nachhaltigen, klimaneutralen Wärmeversorgung in vielen verschiedenen Bereichen – vom Eigenheim bis zur großen Industrieanlage.
Auf Basis dieser ersten Impulse boten die nachfolgenden vier Fachforen als interaktive Workshopformate Gelegenheit für tiefgreifenderen Austausch und oftmals auch kontroverse, aber immer konstruktive Diskussionen:
- Das Fachforum 1 betrachtete Technologien, Potenziale und Kosten des „Schaufensters Wärmewende“.
- Das Fachforum 2 adressierte vor allem die nicht-technologischen Fragestellungen rund um das Thema kommunale Wärmeplanung und zeigte als interaktiver Praxisworkshop den Weg von der Strategie zur Umsetzung einer lokalen Wärmeversorgung auf.
- Im Fachforum 3 wurde diskutiert, ob unsere Energieinfrastrukturen gut auf die Anforderungen der Wärmewende vorbereitet sind.
- Fachforum 4 analysierte, wie Prozesswärme im Hochtemperaturbereich für industrielle Großverbraucher auf nachhaltige Art und Weise gewonnen werden kann.
Am Folgetag wurden die Ergebnisse aus den Fachforen für alle Teilnehmenden vorgestellt und in einer anschließenden Fishbowl-Diskussion mit Expert:innen zum Thema Energiesystemtransformation weiter vertieft.
efzn-Vorstandsmitglied Prof. Dr.-Ing. Richard Hanke-Rauschenbach, der die Veranstaltung zusammen mit Lis Blume moderiert hat, zeigte sich abschließend erfreut über den sehr lebhaften und intensiven Austausch an den zwei Veranstaltungstagen:
„Die diesjährigen NET zeigen einmal mehr, dass der hier geförderte interdisziplinäre Austausch, insbesondere zwischen Forschung und Praxis, weiterhin dringend notwendig ist, damit die Transformation unseres Energiesystems gelingt. Auch in Bezug auf die Wärmewende werden wir im efzn diesen Dialog natürlich weiter fördern, etwa im Rahmen des in diesem Jahr neu gestarteten Forschungsprogramms TEN.efzn, das in einer seiner Forschungsplattformen das Thema Wärme explizit adressiert. Die NET haben, so hoffe ich, dazu beigetragen, neue Netzwerke für eine weitere erfolgreiche Zusammenarbeit zur Bewältigung dieser komplexen Herausforderung gedeihen zu lassen.“
Die Niedersächsischen Energietage werden seit 2008 unter organisatorischer Leitung des Energie-Forschungszentrums Niedersachsen durchgeführt und haben sich seitdem als bedeutendes Netzwerk-Event zum Thema Energie in Niedersachsen und darüber hinaus etabliert. Sie haben das Ziel, Fachleute und Interessierte aus Gesellschaft, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenzuführen, um durch disziplinübergreifenden Dialog die Energiewende voranzubringen.
Programm und Vortragsfolien
Montag, 18.11.2024
Moderation: Lis Blume, Fachmoderatorin & Prof. Dr.-Ing. Richard Hanke-Rauschenbach, EFZN-Vorstand
11:30 Uhr | Come together im Alten Rathaus Hannover |
12:00 Uhr | Begrüßung/Programmüberblick |
12:15 Uhr | Eröffnung durch den Schirmherrn Christian Meyer, Niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz |
12:30 Uhr | Fachgespräch mit dem Schirmherrn |
Impulsvortrag mit Diskussion | |
13:00 Uhr | Die Wärmewende im Überblick: Vom Status Quo zur Zukunft Dr. Sibylle Braungardt, Öko-Institut e.V. |
Blitzlichtrunde | |
13:40 Uhr | So kann's funktionieren – Best Practice-Beispiele zur Umsetzung der Wärmewende |
14:00 Uhr | Kaffeepause mit Posterausstellung |
15:00 Uhr | Beginn der (parallelen) Fachforen |
Fachforen | |
Fachforum 1: Technologien, Potenziale und Kosten im "Schaufenster Wärmewende" Moderation:
Fachreferate:
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Moderation:
Fachreferate:
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Fachforum 3: Netze am Limit: Sind unsere Energieinfrastrukturen bereit für die Wärmewende? Moderation:
Fachreferate:
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Fachforum 4: Prozesswärme für industrielle Großverbraucher Moderation:
Fachreferate:
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18:00 Uhr | Empfang im Festsaal |
19:00 Uhr | Abendveranstaltung mit Vortrag zum EFZN-Forschungsprogramm TEN.efzn Gemeinsames Abendessen |
Dienstag, 19.11.2024
Moderation: Lis Blume, Fachmoderatorin & Prof. Dr. Richard Hanke-Rauschenbach, EFZN-Vorstand
09:00 Uhr | Fortführung der Fachforen |
11:00 Uhr | Kaffeepause |
11:30 Uhr | Vorstellung der Ergebnisse aus den Fachforen |
12:00 Uhr | Fishbowl-Diskussion zu den Ergebnissen aus den Fachforen mit Expert:innen aus dem Bereich Energiesystemtransformation |
13:30 Uhr | Schlusswort des EFZN |
13:45 Uhr | Mittagsimbiss und Ende der Veranstaltung |
Blitzlichtrunde
So kann's funktionieren – Best Practice-Beispiele zur Umsetzung der Wärmewende
Übersicht der vorgestellten Themen
Unterstützung und Beschleunigung des kommunalen Klimaschutzes durch Smart Cities
Uwe Sternbeck, Niedersächsischer Städtetag (NST)
Kommunale Pilotprojekte zur KWP (Kommunalen Wärmeplanung)
Ann-Kristin Rauhe, Gemeinde Uetze
Tiefengeothermie und Kommunale Wärmeplanung
Jana Bertke, Kommune Burgwedel
Grüne Nah- und Fernwärme aus Fließgewässern in der Kommune Wolfenbüttel
Christian Seidel, TU Braunschweig
Energiekonzept mit Langzeitwärmespeicher für die Wärmeversorgung von Teilen Meldorfs
Ann-Kathrin Dreier, Steinbeis Innovationszentrum energieplus (SIZ energieplus), Braunschweig
WQeff: Effiziente Wärmepumpenquartiere
Rachel Parziale und Jonas Hoppe, Institut für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH)
Wärmewende im zukunftsweisenden Quartier – Lessons Learnt aus ENaQ
Elisabeth Jacobs, Oldenburger Energiecluster – OLEC
Experimentalcampus Digitalisierte Wärmewende an der Universität Oldenburg
Ekaterina Lesnyak, OFFIS e. V. Oldenburg
Wärmepumpen Initiative Niedersachsen W.I.N. - Großwärmepumpen für Wärmenetze
Fabian Hüsing, Institut für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH)
Akteurs- und Öffentlichkeitsbeteiligung – Lessons learned aus der Wissenschaft
Viktoria Brendler, Universität Osnabrück
Vision:En 2040 - Das Dialogtool für kommunale Akteursbeteiligung
Stefanie Busch, IP SYSCON GmbH Hannover
Unterstützung für Kommunen seitens KEAN und KWW
Eike Bronn, KEAN - Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen
Open Source Geodaten für die kommunale Wärmeplanung (KomWPlan)
Stefan Holler, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst - HAWK
Organisations- und Finanzierungsmodelle für Mehrfamilienhäuser und Quartiere
Lars Holstenkamp, ECOLOG – Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung
IPCEI „Clean Hydrogen Coastline Emden“
Mirko Wulftange (EWE) und Torsten Seemann (Siemens Energy)
Fachforum 1:
Technologien, Potenziale und Kosten im „Schaufenster Wärmewende“
Fachreferate
- Die Wärmepumpe – Von der Einzelwohnung über Quartiere bis zur Industrie
- Bernd Windholz, AIT Austrian Institute of Technology GmbH
- Grüne Nah- und Fernwärme aus Fließgewässern
- Christian Seidel, Technische Universität Braunschweig
- Tiefengeothermie aus der Sicht der Fern- und Nahwärmeversorgung
- Dr.-Ing. Manfred Schüle, enercity Contracting GmbH
- Direkt oder indirekt – die Rolle von Wasserstofftechnologie im Wärmesektor
- Alexander Mahner, Leibniz Universität Hannover
- Jonas Berndmeyer, Nefino
- Was liefert die kommunale Wärmeplanung? – Umsetzungserfahrungen in Niedersachsen und wie geht es danach weiter
- Dr. Dorothea Ludwig, IP SYSCON GmbH
Nachbericht der Fachforumsmoderator:innen
Das Fachforum 1 wurde in sehr konstruktiver und ergebnisorientierter Atmosphäre das Thema Technologien, Potenziale und Kosten im „Schaufenster Wärmewende“ von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern diskutiert. Für die Diskussion gab es fünf Beiträge, die die verschiedenen Optionen und Facetten des Themas herausarbeiteten.
„Die Wärmepumpe – Von der Einzelwohnung über Quartiere bis zur Industrie“ hieß der Auftaktbeitrag von DI Bernd Windholz vom AIT Austrian Institute of Technology in Wien. Das AIT ist mit 10 Standorten und ca. 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern laut Windholz das größte österreichische außer-universitäre Forschungsinstitut. Er selbst koordiniert das Forschungsfeld „Efficient Buildings and HVAC Technologies”. In seinem Beitrag präsentiert er eindrucksvoll die Entwicklungen von Wärmepumpen und die Integration in Wohn- und Gewerbegebäude, Fernwärmesysteme sowie in Industrieprozesse. Von diesen Beispielen lassen sich viele Impulse für die Niedersächsische Wärmepumpenforschung ableiten: von kompakten, modularen Wärmepumpen mit dem Ziel der Kosteneinsparung bis hin zu Lösungen im städtischen Umfeld, wo die Wärmequellenerschließung eine große Herausforderung darstellt.
Christian Seidel, Arbeitsgruppenleiter „Regenerative Energien“ am Institut für Statik und Dynamik der TU Braunschweig präsentierte die lang erwarteten Ergebnisse eines vom Energie-Forschungszentrum Niedersachsen 2023 geförderten Forschungsvorhaben „Grüne Nah- und Fernwärme aus Fließgewässern – Untersuchung für die 80 Großstädte in Deutschland“. Die in diesem Forschungsvorhaben aufgezeigten Umweltwärmepotentiale haben für Aufsehen und Aufregung gesorgt. Jeder Fluss in Deutschland wurde kartografiert und exemplarisch für Städte aus Nord- und Süddeutschland präsentiert Christian Seidel die saisonale und Klimawandel-bedingten Einflüsse auf die Flusserwärmung, die letzten Endes als Wärmequelle für Wärmepumpen dient. Die Frage „Ist Aquathermie ein „Gamechanger“ in der kommunalen Wärmeplanung?“ wurde so umfangreich adressiert. Soviel scheint sicher: Neben Airthermie (Wärme aus der Umgebungsluft), Solarthermie und Geothermie werden wir künftig auf jeden Fall die Aquathermie stärker im Fokus der Wärmewende sehen – wegen ihres Potenzials als Wärmequelle, aber auch wegen der Möglichkeit die Folgen des Klimawandels lokal zu begrenzen. Die zugehörige Studie sowie eine Projektreportage finden Sie unter diesem Link.
Die erste Reaktion folgte prompt. Dr.-Ing. Manfred Schüle, Vorsitzender der Geschäftsführung der enercity Contracting GmbH fragte sich, ob er die Aquathermie stärker in zukünftige Geschäftsmodellen einfließen lassen müsse; er widmete sich in seiner Vorstellung einer anderen Niedersachsen-spezifischen Wärmequelle, der Titel seines Beitrages: „Tiefengeothermie aus der Sicht der Fern- und Nahwärmeversorgung“. Bekannt ist, dass die Tiefengeothermie – mit all ihren Potenzialen – ein sehr kostspieliges Unterfangen sein kann. Die enercity Contracting, mit einem Umsatz von mehr als 150 Mio. Euro, mehr als 1.100 Contracting-Projekten und über 200 Beschäftigten deutschlandweit, plant gleich zwei Tiefengeothermie-Projekte: eines für die Fernwärme Hannover mit der Technologie des Eavor Loops – Geothermie aus 3.200 Meter Teufe mit einer Länge von 3.200 Meter – und und ein zweites in Burgwedel mit hydrothermaler Erdwärme aus einem mitteltiefen Aquifer in 1.400 Metern Tiefe, bei dem das Wärmenetz erst noch zu bauen ist. Sehr beeindruckend! Seine resümierende Frage: Hat Burgwedel ein Fließgewässer und wie schaffen wir es zukünftig die am schnellsten-erschließbare, kostengünstigste und nachhaltigste Wärmequelle vor Ort zu identifizieren?
Über die „Die Rolle von Wasserstofftechnologien im Wärmesektor“ aufgrund der Abwärme bei Wasserstoffelektrolyseuren haben sich zu Beginn des zweiten Tages Alexander Mahner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Festkörperphysik der Leibniz Universität Hannover, und Jonas Berndmeyer, Projektmanager bei der Nefino im Bereich Geoanalysen für Wind- und Solarenergie, Gedanken gemacht. Die Nefino GmbH ist ein innovativer Anbieter und Analyst von Geoinformationssystemen (GIS) für die Entwicklung der Erneuerbaren Energien in Europa mit mehr als 50 hochmotivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Bereichen Umweltplanung, Ingenieurwesen, IT und BWL. Mahner und Berndmeyer präsentierten mögliche Szenarien zur Nutzung der Abwärme aus Wasserstoff, denn Abwärme von Elektrolyseuren habe nach ihren Aussagen hohes energetisches Potenzial und beträgt 15 bis 20 % der Energieaufnahme. Diese Analyse zeigt, dass neben den klassischen Umweltwärmequellen zunehmend mehr Wärmequellen im Bereich der Industrie (Prozesswärme) erschlossen werden können und müssen, um gesamtheitlich alle Potenziale zu nutzen, aber es erfordert gleichwohl Anstrengungen, mehr Akteure in den Bereich der Energie/Wärmeversorgung einzubinden.
Im abschließenden Beitrag reflektiert Dr. Dorothea Ludwig von IP Syscon „Was liefert die kommunale Wärmeplanung? – Umsetzungserfahrungen in Niedersachsen und wie geht es danach weiter?“ Frau Dr. Ludwig leitet den Geschäftsbereich Energie und Klima. Nach der Reflektion der verschiedenen Herausforderungen der kommunalen Wärmeplanung, der unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen auf Landes- und Bundesebene, den Herausforderungen bei Bestandsanalysen unter Berücksichtigung der Unterschiede zwischen Wärmebedarf und -verbrauch, der sinnvollen Beschreibung und Clusterung des Gebäudebestands mit verschiedenen Aggregationsebenen und unter Berücksichtigung europäischer Datenschutzanforderungen fragt sie: Und dann? Denn über allem schwebt §23 Abs. 4 des Gesetzes für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (WPG), der da besagt: „Der Wärmeplan hat keine rechtliche Außenwirkung und begründet keine einklagbaren Rechte oder Pflichten.“ Nach öffentlichen Beteiligungsverfahren mit kommunalen Beteiligungsprozessen müssen politische Beschlüsse gefasst werden. Neben der Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung mit mehr als 1400 Kunden hat IP Syscon daher auch ein Dialogtool für die Bürgerbeteiligungen entwickelt.
Ergebnisfolien
Die im Plenum vorgestellten Ergebnisfolien von Fachforum 1 können Sie hier ansehen (PDF-Datei) >
Fachforum 2:
Von der Strategie zur Umsetzung – Interaktiver Praxisworkshop zur kommunalen Wärmeplanung
Fachreferate
- Podiumsdiskussion: Kommunale Wärmeplanung – von der Planung zur Umsetzung
- Patrick Nestler, KEAN,
- Tjarko Tjaden, Stadt Aurich,
- Dr. Niklas Wehbring, enercity AG,
- Martin Laß, ASL-Gruppe,
- Anke Kicker, Verbraucherzentrale Niedersachsen e.V.
- Impulsvortrag: Akteurs- und Öffentlichkeitsbeteiligung – Lessons learned aus der Wissenschaft
- Dr. Viktoria Brendler, Universität Osnabrück, FGZ Hannover
- Team Wärme – Kommunale Wärmeplanung spielerisch starten
- Dr. Peter Moser, Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende (KWW)
Nachbericht der Fachforumsmoderator:innen
Bis zum Jahr 2045 soll die Energieversorgung in Deutschland treibhausgasneutral sein. Das Land Niedersachsen hat sich dieses Ziel bereits für das Jahr 2040 gesetzt. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Wärmeversorgung neu gedacht und aufgestellt wird. Landkreise, Städte und Gemeinden sind hier wichtige Akteure. Mit der gesetzlichen Pflicht gemäß Niedersächischem Klimagesetz (NKlimaG) zur Kommunalen Wärmeplanung für Mittel- und Oberzentren verankert das Land Niedersachsen diese zentrale Rolle der Städte und Gemeinden. Zudem hat der Bund mit dem Beschluss des Wärmeplanungsgesetzes (WPG) eine weitere gesetzliche Vorgabe zur Wärmeplanung auf den Weg gebracht, die zukünftig alle Städte, Einheits- und Samtgemeinden in Niedersachsen als planungsverantwortliche Stellen in die Pflicht nehmen wird.
Bedingt durch unterschiedliche Gesetzesvorgaben sowie fehlende Erfahrungswerte stellen die Themen Beteiligung, Kommunikation und Akzeptanz im Kontext der Kommunalen Wärmeplanung (KWP) die planungsverantwortlichen Stellen immer wieder vor Herausforderungen. Wie bei einer solchen Planung die Betroffenen vor Ort beteiligt werden können, welche Ziele eine solche Kommunale Wärmeplanung haben kann und wie hieraus eine reale Umsetzung erwachsen kann, waren die maßgeblichen Themen dieses Fachforums.
Einführend wurde uns durch Dr. Viktoria Brendler sehr anschaulich und aktiv vermittelt, welche Erkenntnisse aus der Erforschung von Beteiligungsformaten bei Infrastrukturprojekten relevant für die kommunale Wärmeplanung sind. Hierbei wurde die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer frühzeitigen Einbindung der lokalen Akteure und der Öffentlichkeit für die Akzeptanz eines kommunalen Wärmeplans hervorgehoben. Das Ziel stellt dabei immer die Erarbeitung und Verankerung einer gemeinschaftlichen Vision für eine erfolgreiche Wärmewende dar. Erreicht werden kann dies u.a. durch eine frühzeitige Information der Öffentlichkeit hinsichtlich des Ablaufs des Erstellungsprozesses, der Darstellung der Einbringungsmöglichkeiten sowie der frühzeitigen Ergebnisinformation. Auch die Einbindung von Fachakteuren zur Klärung inhaltlicher Fragestellungen, strategischer Weichenstelllungen und sinnvoller Umsetzungsmaßnahmen wird für die Steigerung der Akzeptanz und den Erfolg als essenziell erachtet.
Nach diesem Intro aus wissenschaftlicher Perspektive durften wir eine breite Podiumsdiskussion empfangen und moderieren. Hier trafen die Sichtweisen und Erfahrungen von Verbraucherschutz, einem kommunalen Klimaschutzbeauftragen, der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) sowie eines Wärmeversorgers aus dem Konzern- als auch Mittelstandsumfeld aufeinander. Die Diskussionsrunde vereinte so die Perspektiven aller Akteure, die lokal vor Ort von der Wärmeplanung betroffen sind. In der Diskussion wurde insbesondere immer wieder auf die verschiedenen Erwartungshaltungen der KWP eingegangen. Der Sichtweise der KWP als strategische Planung ohne direkte Umsetzungswirkung für Privathaushalte stand das Verständnis einer datenintensiveren, stark umsetzungsorientierten KWP in der Diskussion gegenüber. Diesem Spannungsfeld von in der Wärmeplanung „machbaren Umfang“ und der in den Medien erzeugten und in der Bevölkerung vorhandenen Erwartungen zu begegnen, ist eine große Aufgabe für die Kommunen (Erwartungsmanagement).
Im Rahmen der Diskussionen wurde auch deutlich, dass die Wärmewende eine enorme infrastrukturelle Herausforderung darstellt. Sowohl der Ausbau von Wärmenetzen als auch die Ertüchtigung des Stromnetzes oder die Umrüstung des Gasnetzes sind in diesem Kontext grundsätzlich zu nennen. So fasste Martin Laß diese Herausforderungen prägnant und treffend zusammen mit der Aussage „Gebuddelt wird eh. Die Frage ist nur, wofür gebuddelt wird. Strom, Gas oder Fernwärme.“ Angesichts der damit verbundenen Kosten wurde schnell auch die damit verbundene sozialpolitische Dimension und Wichtigkeit strategischer Weichenstellungen offenkundig.
Im dritten Block des Fachforums wurde es praktisch und die Teilnehmer konnten ihre individuelle Wärmeversorgung sowie den Weg dahin spielerisch selbst erarbeiten. Mit Hilfe des vom Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende (KWW) angebotenem Kartensets „Team Wärme“ und dem Spiel „Wärmemarathon“ erarbeiteten sich die Teilnehmer, angeleitet von Dr. Peter Moser vom KWW, einen Überblick über Stärken und Schwächen einzelner Technologien und Energiequellen im Kontext der KWP sowie den dafür notwendigen kommunalen Ausgestaltungsprozess. Dieses Wissen wurde in Kleingruppen eingesetzt, um für verschiedene Siedlungstypen zukünftige Wärmeversorgungsoptionen gemeinschaftlich zu diskutieren und festzulegen.
Ergebnisfolien
Die im Plenum vorgestellten Ergebnisfolien von Fachforum 2 können Sie hier ansehen (PDF-Datei) >
Fachforum 3:
Netze am Limit: Sind unsere Energieinfrastrukturen bereit für die Wärmewende?
Fachreferate
- Quartiersversorgung und Wärmekonzept am Praxisbeispiel – Die Wasserstadt Limmer in Hannover
- Peter Okrei, enercity Contracting GmbH
- Das Stromnetz – Flaschenhals oder Wunderkind?
- Dr.-Ing. Johannes Schmiesing, Avacon Netz GmbH
- Was passiert mit unseren Gasnetzen?
- Dr. Alexander Bedrunka, Niedersächsisches Wasserstoff-Netzwerk
- Thomas Götze, EWE NETZ GmbH
- Nahwärme für Bestandsquartiere: Wärmequellen, Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten am Beispiel der Stader Altstadt
- Matthias Mueller, Hansestadt Stade
Nachbericht der Fachforumsmoderator:innen
Im Fachforum 3 wurde die Frage thematisiert, ob die vorhandenen Energienetze auf Strom-, Gas- und Wärmeebene für die anstehende Wärmewende ausgelegt sind. Dazu gab es vier sehr detailreiche Vorträge, die alle vom Publikum mit großem Interesse aufgenommen wurden.
Zunächst gab Peter Okrei (enercity Contracting GmbH) am Beispiel der Wasserstadt Limmer in Hannover einen positiven Ausblick, wie lebenswert ein Quartier mit umgesetztem und nachhaltigem Wärmekonzept sein kann. Auf dem ehemaligen Firmengelände der Continental AG soll bis 2029 ein neues Wohngebiet mit 1.800 Wohneinheiten entstehen, das mittels Übergabestation als Nahwärmenetz an das bestehende Fernwärmenetz der Stadt Hannover angeschlossen werden soll. Aufgrund der Diversifikation der Wärmequellen im bestehenden Wärmenetz besteht der Vorteil, dass es zu geringeren Schwankungen bei den Heizkosten durch äußere Einflüsse kommt. Allerdings biete ein Neubauquartier auch sehr günstige Startvoraussetzungen, so Okrei.
Dr. Johannes Schmiesing betrachtete anschließend das Stromsystem mit dem Fokus Stromnetze und Stromerzeugung. Er untersucht zunächst die verschiedenen Netzebenen des Stromnetzes unter der Annahme, dass gem. Szenariorahmen bis 2045 16 Millionen Wärmepumpen in Deutschland installiert werden sollen, was in der Konsequenz bedeute, dass außerhalb städtischer Verdichtungsräume nahezu ausschließlich Wärmepumpen zum Einsatz kämen. Hier werden die zum Teil gerade mit Blick auf die aktuelle Ausbaugeschwindigkeit teilweise erheblichen Netzausbaubedarfe bewertet, aber letztlich als möglich klassifiziert. Wesentlich schwieriger gestalte sich die Erzeugungsseite, weil es schlichtweg in den Dunkelflauten eines rein EE-Strom-basierten Elektroenergiesystem insbesondere in Winterzeiten keine hinreichenden Kraftwerksstrukturen gebe, die teilweise ausschließlich für Wärmepumpen geschaffen werden müsste. In diesen Zeiten, so seine conclusio, komme die Gebäudewärme immer aus Molekülen (Wasserstoff) – die Frage sei also nur, wo diese verbrannt und ob sie zwischenzeitlich in Strom umgewandelt würden.
Mit Blick auf die Gasnetze waren sich Dr. Alexander Bedrunka (Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen GmbH) und Thomas Götze (EWE Netz GmbH) einig: Wasserstoff für die dezentrale Wärmeversorgung wird aufgrund der geringen Verfügbarkeit in absehbarer Zeit nur eine untergeordnete Rolle spielen. Neben dem im Oktober genehmigten Wasserstoffkernnetz müssen allerdings schon jetzt Industriekunden identifiziert werden, die Wasserstoff für die Prozesswärme oder zur stofflichen Nutzung einsetzen wollen. Denn für diese Unternehmen muss nachgelagert zum Kernnetz ein „Regionalnetz“ auf Verteilnetzebene aufgebaut werden.
Eine weitere Verwendung der Gasinfrastruktur sieht die EWE Netz in der Aufbereitung von Biogas zu Biomethan und dessen anschließende Einspeisung in das vorhandene Gasnetz. Hier soll eine Alternative für Biogasanlagen geschaffen werden, die in den kommenden Jahren aus der EEG-Förderung fallen.
Matthias Müller von der Hansestadt Stade ging abschließend auf das Wärmenetzkonzept ein, das für die Stader Altstadt umgesetzt werden soll. Für die Umsetzung muss nicht nur der vorhandene Gebäudebestand saniert, sondern auch Baumaßnahmen für das Wärmenetz mit anderen Straßenbaumaßnahmen abgestimmt werden, um die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht zu verlieren. Gleichzeitig müssen Wärmepotentiale aus der Umgebung identifiziert werden, die für die Einspeisung ins Wärmenetz genutzt werden können. Für die Wärmewende ist demnach eine vernünftige Datengrundlage erforderlich, die in den meisten Fällen jedoch nicht vorliegt.
In der abschließenden, engagierten Diskussion wurde resümiert, dass die Wärmewende ein Prozess mit vielen Zwischenstationen sein wird. Ein überstürztes Handeln kann zu einer Abwehrhaltung in der Bevölkerung führen, sodass Aktivitäten gut überlegt durchgeführt werden müssen. Ein Festhalten am Status Quo stellt keine Alternative dar, sodass die vorhandene Technik Schritt für Schritt abgelöst werden muss und die Leistungsfähigkeiten und Kostendimensionen verschiedener Infrastrukturen mit bedacht werden müssen. Konkret wird eine Antragstellung für Wasserstoff-Ausbaugebiete im Zuge der Kommunalen Wärmeplanung mittels § 71k GEG (Gebäudeenergiegesetz) als undurchführbar angesehen.
Insgesamt ist der Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung als Lernprozess anzusehen, bei dem höchstwahrscheinlich Fehler gemacht werden. Diese dürfen aber nicht zulasten der Kunden gehen; deshalb ist jede Akteursbeteiligung wichtig. Eine Fehlerkultur, die dies umfassend zulässt und aus der gleichzeitig Erkenntnisse für sich und andere Akteure gezogen und kommuniziert werden können, ist somit ebenfalls integraler Bestandteil der Wärmewende.
Ergebnisfolien
Die im Plenum vorgestellten Ergebnisfolien von Fachforum 3 können Sie hier ansehen (PDF-Datei) >
Fachforum 4:
Prozesswärme für industrielle Großverbraucher
Fachreferate
- Abwärmenutzung im Stahlwerk
- Ralph Schaper, Salzgitter Flachstahl GmbH
- 1/3 Wärme, 2/3 H2 – Wärmeintegration in der Wasserstoffwirtschaft
- Dr. Maximilian Röhe, IAV GmbH
- Industrielle Prozesswärme und klimaneutrale Gase
- Robert Ostwald, Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.
- Geothermie als Lösung in der Industrie
- Fabian Hakspiel, MTU AeroEngine AG
- CO2-freie Industriewärme aus der Kupferproduktion
- Dr. Holger Klaassen, Aurubis GmbH
- Wärme und Strom durch Verwendung von regenerativen Brennstoffen
- Dr.-Ing. Ludger Benien & Dr.-Ing. Wilken Franke, Drewsen Spezialpapiere GmbH & Co. KG
Nachbericht der Fachforumsmoderator:innen
Das Fachforum 4 der Niedersächsischen Energietage 2024 beschäftigte sich umfassend mit dem Thema Prozesswärme und den Herausforderungen industrieller Großverbraucher im Kontext der Energiewende.
Unter der Moderation des Niedersächsischen Wirtschaftsministeriums (Lars Bobzien) und Niedersachsen.next GmbH (Gunda Fahrenkrog) wurden Ansätze zur Dekarbonisierung industrieller Prozesse diskutiert, wobei die Nutzung und Rückgewinnung von Abwärme, die Reduktion fossiler Brennstoffe sowie innovative Heiztechnologien und dezentrale Energieversorgungskonzepte im Mittelpunkt standen. Ein zentraler Schwerpunkt lag auf der Umstellung von Produktionsprozessen hin zu erneuerbaren Energiequellen wie Biomasse, Wasserstoff oder Tiefengeothermie.
Die Diskussion zeigte deutlich, dass es keine universelle Lösung für alle Unternehmen gibt. Der Energie-Mix muss individuell an die Anforderungen der Unternehmen und den regionalen Möglichkeiten angepasst werden, was langfristige Planungssicherheit und verlässliche politische Rahmenbedingungen erfordert. Die Teilnehmer identifizierten außerdem infrastrukturelle Herausforderungen: Sowohl bestehende als auch neue Netze müssen angepasst werden, um den Wandel zu ermöglichen. Bürokratische Hürden (i.S. einer Überregulierung) wurden als weiterer Hemmschuh benannt, da sie Ressourcen binden und Innovationen verlangsamen.
In den Vorträgen wurden unterschiedliche Ansätze vorgestellt, die den vielseitigen Bedarf an Prozesswärme adressieren.
IAV präsentierte Modelle zur Optimierung von Energieflüssen in der Wasserstoffwirtschaft, wobei besonders die Integration von Wärme aus Elektrolyseprozessen in kommunale Anwendungen wie Raumheizung oder Warmwasser hervorgehoben wurde. Es wurde deutlich, dass die erheblichen Abwärmemengen Chancen für andere Nutzer bieten.
Der DVGW verdeutlichte die Bedeutung von Wasserstoff-Verteilnetzen, da 78 % der industriellen Prozesswärmebedarfe weit entfernt vom Wasserstoff-Kernnetz liegen. Die Nutzung von klimafreundlichen Gasen wie Wasserstoff bleibt daher unverzichtbar, insbesondere dort, wo Elektrifizierung aus technischen oder ökonomischen Gründen nicht möglich ist.
MTU Aero Engines setzt als erstes Industrieunternehmen ein Großprojekt zur Nutzung von Tiefengeothermie um für die Versorgung ihres Standorts in München mit Heiz- und Prozesswärme. Geologische und geothermische Standortfragen, technische und wirtschaftliche Herausforderungen erforderten eine interdisziplinäre Projektentwicklung. Dabei wurden insbesondere die technischen und (genehmigungs-)rechtlichen Herausforderungen, wie z.B. die Materialbeschaffung und neue Anforderungen an die Genehmigungsverfahren, beleuchtet.
Aurubis zeigte anhand seiner Projekte am Standort Hamburg zur CO₂-freien Industriewärme aus der Kupferproduktion, wie Abwärme für die Versorgung ganzer Stadtteile genutzt werden kann. Bereits jetzt spart das Unternehmen jährlich bis zu 120.000 Tonnen CO₂ ein und versorgt 28.000 Haushalte mit Wärme. Hervorgehoben wurde unter anderem die enge Kooperation mit dem städtischen Versorger und Unternehmen. Als Herausforderungen wurden fehlende Märkte für grüne Wärme, geringe Anrechenbarkeit im Emissionshandel und lange Amortisationszeiten adressiert. Eine Berücksichtigung industrieller Abwärme bei den CO₂-Zertifikaten könnte die Nutzung klimafreundlicher Wärmeversorgung noch weiter erhöhen.
Salzgitter Flachstahl stellte die Nutzung industrieller Abwärme für die Fernwärme im Rahmen des SALCOS-Programms vor, das die Transformation zur klimaneutralen Stahlproduktion begleitet. Die steigende Nachfrage nach Fernwärme aus industrieller Abwärme wird durch die Anforderungen der kommunalen Wärmeplanung vorangetrieben. Dabei wurde unter anderem betont, dass klare und langfristig verlässliche Regelungen notwendig sind, um zukünftige Fernwärmeprojekte erfolgreich umsetzen zu können. In der Diskussion mit den Teilnehmenden wurde das Energieeffizienzgesetz teilweise als zu bürokratisch kritisiert, was die Umsetzung der Vorhaben erschweren könnte.
Drewsen Spezialpapiere gestalten das Energiekonzept ihrer Papierfabrik in Lachendorf nachhaltig und nutzen dabei gezielt die örtlichen Standortvorteile. Als eines von 15 Unternehmen in Deutschland hat Drewsen im Rahmen eines wettbewerbsorientierten Bieterverfahrens einen Klimaschutzvertrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz erhalten. Damit verpflichtet sich das Unternehmen, seine CO₂-Emissionen in den nächsten 15 Jahren um mehr als 90 % zu reduzieren. Das Energiekonzept umfasst den Einsatz von Photovoltaik, Windkraft, Biomasse sowie die indirekte Elektrifizierung von Produktionsprozessen mittels Power-to-Heat. Für die hohen Temperaturanforderungen in der Papierproduktion bleibt Biomasse ein wesentlicher Bestandteil.
In der abschließenden Diskussion mit den Teilnehmenden wurden verschiedene Lösungsansätze skizziert. Unternehmen sollten spezifische Standortvorteile nutzen, beispielsweise durch die direkte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Werksnetz. Eine langfristige Diversifizierung der Energieträger, etwa durch Biomasse, Wasserstoff oder Geothermie, wurde ebenfalls als wichtig hervorgehoben. Technologische Innovationen wie Hochtemperatur-Wärmepumpen oder die Kombination von Bio-Methan und Wasserstoff sollten weiter erforscht und gefördert werden. Gleichzeitig ist es notwendig, klare politische Rahmenbedingungen zu schaffen, um Investitionen in neue Technologien und Projekte langfristig abzusichern.
Das Fachforum 4 verdeutlichte die Vielschichtigkeit der industriellen Energiewende. Es wurde deutlich, dass eine erfolgreiche Transformation nur durch individuell angepasste Energiestrategien, die Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten und den Einsatz innovativer Technologien möglich ist.
Der Austausch bot nicht nur wertvolle Einblicke in Best Practices, sondern zeigte auch die großen Herausforderungen und Chancen auf, die mit der Dekarbonisierung der Industrie einhergehen.
Ergebnisfolien
Die im Plenum vorgestellten Ergebnisfolien von Fachforum 4 können Sie hier ansehen (PDF-Datei) >
Fishbowl-Diskussion
Im Rahmen der abschließenden Fishbowl-Diskussion wurden die zentralen Ergebnisse der vorangegangenen Fachforen noch einmal umfassend beleuchtet. Expert:innen aus den Bereichen Politik, Kommunikation, Wirtschaft und Verwaltung thematisierten die wesentlichen Chancen und Risiken der Wärmewende und eröffneten unter Einbezug des Publikums eine differenzierte Debatte zu aktuellen Herausforderungen. Dabei waren:
- Anja Floetenmeyer-Woltmann, Expertin und Beraterin für Wärmewende, Transformation, Klimaschutz und Mobilität
- Dr. Anna Meincke, Leiterin der Stabsstelle Transformation beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
- Tjarko Tjaden, Klimaschutzmanager der Stadt Aurich
- Dr. Tanja Utescher-Dabitz, Abteilungsleiterin Betriebswirtschaft, Steuern und Digitalisierung beim BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.
Die Diskussion fokussierte sich auf den Status Quo der Wärmewende und die aktuellen Rahmenbedingungen, insbesondere auf Fragen der Gesetzgebung, Finanzierung und die Überwindung rechtlicher sowie praktischer Hürden bei der Umsetzung regenerativer Wärmeprojekte. Darüber hinaus wurde die soziale Dimension der Wärmewende eingehend betrachtet und die Frage diskutiert, wie sich gesellschaftliche Akzeptanz stärken und die Wärmewende sozialverträglich gestalten lässt.
Partner der 16. Niedersächsischen Energietage!
Ein herzliches Dankeschön an alle Partner und das Programmkomitee der 16. Niedersächsischen Energietage.
Illustrationen: © VectorMine - stock.adobe.com