Erneuerbare Energie erfolgreich integrieren durch Power to Heat
01. Dialogplattform Power-to-Heat am 05./06.05.2015
Professor Hans-Peter Beck, TU Clausthal, eröffnete die erste Dialogplattform zum Thema "Power to Heat".
Zum ersten Mal veranstaltete das Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN) in Kooperation mit der Landesinitiative Energiespeicher und -systeme im Jahr 2015 die Dialogplattform "Power to Heat". Rund 100 Teilnehmer kamen für zwei Tage in das Hotel "Der Achtermann" nach Goslar und nutzten die Gelegenheit, sich intensiv mit dem Thema auseinander zu setzen.
Zielgruppe der Tagung waren Industrieunternehmen als Anbieter und Nutzer von "Power to Heat", Forschungsinstitute, Energieversorgungsunternehmen aus den Bereichen Strom und Wärme, Contracting-Unternehmen, Unternehmen der technischen Gebäudeausstattung und der Immobilienwirtschaft sowie Verbände und Fachministerien.
"Power to Heat ist ein wichtiges Thema, weil ein gesunder Mix aus verschiedenen Speichertechnologien mit der Energiewende einhergehen muss und Strom immer mehr zur Primärenergie wird", sagte EFZN-Chef Prof. Hans-Peter Beck zur Eröffnung. "Wir brauchen diese Technologie und auch den Austausch zwischen Forschung und Industrie, um Forschungs- und Entwicklungsprojekte, Demonstrationsvorhaben und wissenschaftliche Begleitforschungen zur Auswirkung von "Power to Heat" auf das Energieversorgungssystem und den Klimaschutz zu initiieren."
Den Einstieg ins Thema gaben Prof. Hans-Peter Beck (Vorsitzender des EFZN) und Prof. Heinz Wenzl (Initiator der Tagung und Mitglied des EFZN; ein Resümee der Tagung von Prof. Wenzel lesen Sie hier >). Ihnen folgten weitere Vorträge zu den Schwerpunkten Konzepte für "Power to Heat", Produkte für "Power to Heat", Simulation und Praxis sowie Recht und Politik.
Unter "Power to Heat" wird die Nutzung von Strom zur Bereitstellung von Wärme und Kälte, aber auch Regelenergie als eine Systemdienstleistung unter thermischer Nutzung von Strom verstanden. Dabei wird Strom, der zu sehr günstigen Preisen angeboten wird, und/oder aus regenerativen Energiequellen, der wegen Netzrestriktionen nicht aufgenommen werden kann, genutzt um Netzdienstleistungen für die Stabilität des Stromversorgungssystems bereitzustellen. "Power to Heat" ist somit auch ein Konzept zur Optimierung von Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung und konventionellen Anlagen zur Wärmebereitstellung aus elektrischer Energie.
Als Ergebnis kann festgehalten werden: "Power to Heat" ist eine am Markt heute schon verfügbare Technologie, um die regenerativ erzeugte fluktuierende elektrische Energie in Haushalt und Industrie gewinnbringend nutzen zu können. Forschungsarbeiten haben das Ziel mit neuen Komponenten (z.B. Hochtemperatur - Wärmespeicher) eine weitere Integration dieser Technologie in das Energiesystem der Zukunft zu befördern.
Der Tagungsband ist als Band 33 in der EFZN-Schriftenreihe im Cuvillier Verlag erschienen - ISBN: 978-3-73699-060-9
Zur Internetpräsenz des Cuvillier Verlages mit weiteren Informationen zu diesem Band gelangen Sie hier.
Programm
Nachfolgend finden Sie - gekennzeichnet durch die orangene Schriftfarbe - die freigegebenen Vorträge:
Dienstag, 5. Mai 2015
13:00 | Begrüßung und fachlicher Einstieg | |
13:30 | P2H und Power to Gas Ketten zum Ausgleich von erneuerbarem Überschussstrom | |
14:00 | P2H als Strom-Wärme-Anwendung – Rechtsrahmen und Hemmnisse | |
14:30 | Pause, | |
| Konzepte für P2H | Produkte für P2H |
15:00 | Projektidee Wärmepumpendorf – Strom als Leitenergie der Energiewende | Forschung und Entwicklung P2H to Power |
15:30 | Auswirkungen von Powerto-Heat-Anlagen im Markt für negative Sekundärregelleistung auf die Abregelung von erneuerbaren Energien | P2H – Der Industriestandard
|
16:00 | Anwendung von P2H zur Begrenzung der PV-Einspeisung um Netzausbaumaßnahmen im Niederspannungsnetz zu vermeiden | Skalierbare Lösungen zur Integration überschüssiger elektrischer Energieproduktion aus Sonne und Wind |
16:30 | Umwandlung und saisonale Speicherung von PV-Strom in einem Hochtemperaturwärmespeicher | P2H in HochtemperaturLatentwärmespeichern für Prozesswärmeanwendungen |
17:00 | Pause | |
17:30 | Evaluation von P2H-Potenzialen mittels Zeitraffertests | |
18:00 | KWK – Anlagen und P2H | |
18:30 | P2H in der Industrie – Erfahrungen aus Betrieb und Vermarktung | |
19:00 | Abendessen |
Mittwoch, 6. Mai 2015
08:30 | PV to Heat im „Stromhaus“ – Ergebnisse aus Systemanalysen und Betriebserfahrungen | |
09:00 | Wirtschaftlicher und energiewendedienlicher Einsatz elektrischer Wärmeerzeuger | |
09:30 | Power-to-Heat in Hybridheizungen: Praxiserfahrungen aus einem Feldtest und Handlungsempfehlungen an die Politik | |
10:00 | Typen und Projekte | |
10:30 | Pause, danach: Schwerpunkte Simulation und Recht zur Wahl | |
| Simulation und Praxis | Recht und Politik |
11:00 | Vorhersage des Tagesgangs von Heizlasten | Notwendige politische Rahmenbedingungen für die Netzintegration EE |
11:30 | Experimentalanlage zur Untersuchung inter-aktiver Strom- und Wärmeversorgungssysteme in Gebäuden | Regenerativer Überschussstrom für P2H |
12:00 | Erfahrungen mit bedarfsgerechter Strom- und Wärmeerzeugung | Rechtliche Rahmenbedingungen für P2H |
12:30 | Mittagessen | |
13:30 | Modellbasierte Abschätzung des zukünftigen Ausbau- und Einsatzpotenzials für P2H in KWK-Versorgungssystemen | |
14:10 | P2H im Kontext von KWK-/Wärmenetzsystemen | |
14:30 | Diskussion und Synthese | |
15:00 | Ende |
1. Dialogplattform Power to Heat - Erkenntnisse der Tagung, Professor Heinz Wenzl resümiert:
Professor Heinz Wenzl, TU Clausthal, ist der Initiator der Dialogplattform Power-to-Heat.
"Power to Heat, die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen, der wegen Netzrestriktionen nicht abtransportiert werden kann oder die Netze belastet, sowie die Verwendung von Wärmeerzeugern und -speichern zur Bereitstellung von Regelleistung für das elektrische Netz hat viele Facetten. Neue Anlagen und Produkte, die Einbindung in das Wärmesystem eines Industriebetriebes oder Wohnhauses, rechtliche Rahmenbedingungen und die Belastung von Strom mit Abgaben und Auswirkungen auf die Netze, um nur einige zu nennen. Fachtagungen wie die Dialogplattform Power to Heat geben Antworten und stellen Fragen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit im Folgenden einige besondere Punkte:
Spannungsprobleme im Niederspannungsnetz durch eine hohe Durchdringung des Netzabschnittes mit Photovoltaikanlagen lassen sich durch den Einsatz von Heizpatronen in den Hausheizungen preiswert und sicher beherrschen. In einem Vortrag wurde vorgestellt, wie durch die relativ preiswerte Nachrüstung von Heizungsanlagen der sehr viel teurere Netzausbau, der das Spannungsproblem auch lösen kann, vermeiden lässt. Auch im Vergleich zu Hausenergiespeichern, die Strom aus den PV-Anlagen für die Verwendung nach Sonnenuntergang speichern, ist die thermische Nutzung sehr viel kostengünstiger.
Die Zahl von Elektrodenkesseln, Leistungsbereich bis ca. 50 MW und großen Durchlauferhitzern im Leistungsbereich bis ca. 10 MW, die bereits installiert sind und Strom für die Wärmeerzeugung parallel zur konventionellen Wärmeversorgung aus Heizkesseln und KWK-Anlagen nutzen, ist erstaunlich hoch. Eine wissenschaftlich ausgelegte Fachveranstaltung bietet naturgemäß keine präzisen Informationen über Marktvolumina. Eine grobe Abschätzung über die Zahl der Anlagen, die bei verschiedenen Vorträgen genannt wurden, lässt vermuten, dass die Gesamtleistung bereits im Bereich von einigen hundert MW liegen dürfte. Geschäftsbasis für die Anlagen ist die Nutzung der Anlagen für die Bereitstellung von Sekundärregelleistung, die in der Stromversorgung zum Ausgleich zwischen Kraftwerksleistung und Verbrauch benötigt wird, und zur Optimierung von KWK-Anlagen, deren wirtschaftlicher Betrieb bei sehr geringen Strompreisen schwierig ist. Die Zahl der Fernwärmenetze, die bereits jetzt Power to Heat verwenden, ist beeindruckend.
Interessant auch, dass der Einsatz von kleinen Heizpatronen, die in der Summe über viele Wohnhäuser auch eine erhebliche elektrische Leistung für Sekundärregelleistung anbieten können, auch eine Option zur Bereitstellung von Sekundärregelleistung vorhanden ist. Beeindruckend, wie beim Durchzug eines Sturmtiefs Ende März 2015 der Wärmebedarf eines Einfamilienhauses für mehrere Stunden elektrisch gedeckt werden konnte und damit auch ein Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes erfolgt ist.
Der höchste Preis für abgegebenen als auch aufgenommenen Strom, sowohl bezogen auf die Leistungsbereitstellung (kW) als auch die Energie (kWh) wird im Bereich der Primärregelung bezahlt. Power to Heat spielt hier wegen der ungünstigen technischen Rahmenbedingungen noch keine Rolle. Aber auch dieser Aspekt, die Auswirkungen unterschiedlicher Ausschreibungsbedingungen für die Bereitstellung von Regelleistung durch Power to Heat Anlagen wurde auf der Dialogplattform thematisiert.
Noch gibt es Überschussenergie nur lokal dort, wo der Netzausbau nicht dem Ausbau erneuerbarer Energien nicht schnell genug nachkommt. Konzepte zur Aufnahme von Strom zu einer CO2 armen bzw. freien Heizung wie das "Wärmepumpendorf", Hochtemperaturspeicher und neue Dampfspeicher zeigen aber, was technisch und wirtschaftlich möglich sein wird, um Strom sinnvoll zu nutzen. Dabei ist natürlich die Konkurrenzsituation zur stofflichen Speicherung "Power to Gas" und zu Batteriespeichern zu betrachten, sowie die Notwendigkeit, dass durch die thermische Nutzung von Strom die maximale Netzlast bei einer Dunkelflaute nicht überschritten werden darf. Power to Heat-Anlagen, die zu einer Erhöhung der Reservekapazität beim Kraftwerkspark der Zukunft und zu einem Ausbau lokaler Netze führen, sind sicher kontraproduktiv. Auch diese Fragen und Optionen wurden in einigen Vorträgen und Postern thematisiert.
Power to Heat ist eine Option für das Energieversorgungssystem der Zukunft. In zwei Übersichtsvorträgen wurde die volkswirtschaftliche und energiewirtschaftliche Gesamtsituation vorgestellt, die das hohe Potential von Power to Heat zeigt."